Für viele Anleger ist die Aktie das einzig wahre Instrument, um nachhaltig Wohlstand zu schaffen. Da ich persönlich aber schon immer ungern Miete gezahlt habe, habe ich mich sehr früh in meinem Berufsleben für den Kauf einer Wohnung entschieden. Jetzt möchte ich rückblickend mit euch herausfinden, ob diese Entscheidung richtig war.
Aktien oder Immobilien? Wer gewinnt den 10-Jahres-Vergleich?
Wäre es besser gewesen, wenn ich mein Geld anders investiert hätte?
Kurze Vorgeschichte:
Im Jahr 2009 habe ich die Uni beendet und begonnen zu arbeiten. Zu meinem Glück in der Nähe des Ortes in dem ich aufgewachsen bin. So konnte ich während der 6-monatigen Probezeit bei meinen Eltern wohnen und einen Großteil meines Einkommens ansparen.
Für diejenigen, die sich erinnern:
2009 war keine Zeit in der die Aussichten als Berufseinsteiger besonders rosig waren.
Trotzdem klappte es mit dem unbefristeten Vertrag nach der Probezeit, so dass ich ab 2010 eine gewisse Planbarkeit für mein Berufs- und Privatleben hatte. Also ging Anfang 2010 die Suche nach einer Unterkunft im schönen Bielefeld los.
Zuerst habe ich gedacht ich miete mir eine Wohnung. Dadurch bin ich ungebunden, falls sich andere Möglichkeiten ergeben.
Die Mieten, für eine ordentliche Wohnung in vernünftiger Lage, hätten bei ca. 500-600€ kalt gelegen. Daraufhin habe ich mir Eigentumswohnungen angeschaut und festgestellt, wie weit ich mit den 500€ bei einer Finanzierung kommen würde. Damit war die Entscheidung dann gefallen.
Im Mai 2010 habe ich meine Wohnung gekauft.
Im schlimmsten Fall hätte ich auch wegziehen können und die Wohnung aus der Ferne verwalten, bzw meine Familie bitten können sich zu kümmern.
Rahmendaten der Immobilie 2010:
Die Eigentumswohnung hat 72m² Wohnfläche.
Perfekt für Singles oder Paare. 3 Zimmer, Küche, Bad + Wintergarten.
Bevorzugte Lage:
– 1,5 km von der Innenstadt
– U-Bahn 100m
– Einkaufsmöglichkeiten 200m
– Park mit Grüngürtel 300m
Der Bodenrichtwert 2009 lag bei 220€/m².
Der ortstypische Kaufpreis für ETW vor Nebenkosten 2010 lag bei 1.221€/m².
Kosten des Immobilienkaufs:
Kaufpreis 2010: | 85.000,00€ |
Grunderwerbssteuer 3,5% | 2.975,00€ |
Makler, Notar, diverses | 4.162,00€ |
Gesamtkosten Immobilienkauf: | 92.137,00€ |
Zusätzlich zu den Kaufkosten, kamen natürlich noch Renovierungskosten dazu. Viele Arbeiten habe ich in Eigenleistung erbracht, aber das Material ist trotzdem teuer gewesen. Der komplette alte Teppichboden wurde herausgenommen und neuer Laminatboden verlegt. Die alte Badewanne wurde herausgerissen und statt dessen eine bodentiefe Regendusche installiert.
Laminat aus dem Fabrikverkauf | 702,00€ |
Arbeiten Installateur | 1.513,00€ |
Arbeiten Fliesenleger | 3.451,00€ |
Renovierungskosten gesamt: | 5.660,00€ |
Außerdem habe ich der vorherigen Mieterin die Einbauküche abgekauft. Diese hat mich 900€ gekostet und befindet sich noch heute in hervorragendem Zustand in der Wohnung.
Übrigens auch ein großer Spartipp: Niemals eine neue Küche kaufen. Bei ebay Kleinanzeigen eine gebrauchte Küche besorgen und aufarbeiten reicht völlig aus.
Eine so teure Wohnung kann sich doch keiner mit 24 leisten!
Richtig. Natürlich habe ich mit 24 noch kein Vermögen von 100.000€ gehabt. Um genau zu sein hatte ich knapp 26.000€ auf dem Konto. Also habe ich für den Kauf ein Immobiliendarlehn von 75.000€ aufgenommen.
Gesamtkosten Kauf: | 92.137,00€ |
Gesamtkosten Renovierung: | 5.660,00€ |
Gesamtkosten Einbauküche: | 900,00€ |
Ergebnis: | 98.697,00€ |
Immobiliendarlehn: | – 75.000,00€ |
Eigenes Investment: | 23.697,00€ |
Für knapp 23.697,00€ habe ich also ab meinem 24. Lebensjahr mietfrei in einer super Lage gewohnt und konnte meine Wohnung so umbauen, wie ich es gern wollte. Die Rate für den Kredit war auf 500€ monatlich festgelegt, also auf die untere Grenze dessen, was ich ohnehin als Miete hätte zahlen müssen. So hatte ich die Gewissheit, dass ich die Wohnung auch dann bezahlen kann, wenn ich selbst nicht mehr darin wohnen kann.
Kurze Info zum Kredit:
Übrigens habe ich die 75.000,00€ zu damals unschlagbar günstigen 3,65% Zinsen mit einer 10-jährigen Zinsbindung finanziert. Die Sondertilgung war auf 5% pro Jahr begrenzt. Ein fantastisches Geschäft, über das heute nur jeder müde lächelt. 2010 war dies aber tatsächlich der historisch niedrigste Zinssatz, den es bisher gab.
Als Eigentümer hast du aber hohe jährliche Instandhaltungskosten gehabt!
Naja hoch ist was anderes. Eigentümer zahlen im Gegensatz zum Mieter auch für die Instandhaltung der Wohnung sowie die nicht umlegbaren Nebenkosten. Über die letzten 10 Jahre ist da einiges aufgelaufen:
2010 | 350,00€ |
2011 | 750,00€ |
2012 | 750,00€ |
2013 | 750,00€ |
2014 | 770,00€ |
2015 | 770,00€ |
2016 | 730,00€ |
2017 | 750,00€ |
2018* | 1.543,00€ |
2019 | 890,00€ |
Summe: | 8.053,00€ |
* 2018 war eine Reparatur des Durchlauferhitzers, sowie das Streichen der Wohnung für insgesamt 693€ fällig.
Wenn man die große Summe aufteilt kommt man aber nur auf ca 70€ monatlich. Allerdings ist zu beachten, dass dieser Betrag extrem niedrig ist. Die Eigentumswohnung ist aus den 1990er Jahren und es gibt keinen großen Investitionsstau. Hier ist natürlich Vorsicht geboten, wenn man sich Eigentumswohnungen im Altbau anschaut.
Aktien oder selbst genutzte Immobilie?
Der 10-Jahres Vergleich
Um diesen Vergleich vernünftig anzustellen schauen wir mal, wie viel Geld ich über die Jahre in die Immobilie gesteckt habe, anstatt es in Aktien anzulegen. Außerdem betrachten wir die Wertentwicklung der Immobilie und die Wertentwicklung eines fiktiven Aktienportfolios.
Zinsen und die reguläre monatliche Tilgung habe ich hier außer Acht gelassen. Diese sind schließlich von den 500€ gezahlt worden, die ich ansonsten als Miete gezahlt hätte.
Immobilieninvestition Wertentwicklung 10 Jahre:
Jahr: | Investition & Kosten +Sondertilgung | Immobilienwert abzgl. Restschuld |
2010 | 24.047€ +3.750€ | 18.734,00 € |
2011 | 750€ +3.750€ | 29.009,00€ |
2012 | 750€ +3.750€ | 39.560,00€ |
2013 | 750€ +3.750€ | 54.255,00€ |
2014 | 770€ +3.750€ | 65.507,00€ |
2015 | 770€ + 3.750€ | 76.992,00€ |
2016 | 730€ + 3.750€ | 88.245,00€ |
2017 | 750€ + 3.750€ | 106.589,00€ |
2018 | 1.543€ + 3.750€ | 132.806,00€ |
2019 | 890€ + 2.063€ | 141.120,00€ |
Gesamt: | 67.563€ |
Fazit nach 10 Jahren Immobilie:
Insgesamt habe ich also 67.563€ in die Wohnung investiert, die ich auch in Aktien investieren konnte. Die restliche Investition erfolgte aus Geld, das ansonsten als Miete abgeflossen wäre.
Der Wert der Immobilie per Ende 2019 lag bei 141.120,00€. Damit liegt die Rendite bei knapp 108,87% und fast 11% p.a. Für die Ermittlung habe ich die Immobilienpreisübersicht bei www.boris.nrw.de genutzt.
Der Bodenrichtwert ist aktuell auf 330€/m² gestiegen, also +50%. Der ortstypische Kaufpreis liegt 2019 bei 1.960€, also +62%
Wenn man nach den Angebotspreisen auf Immobilienseiten geht, könnte man jedoch auch ca. 180.000€ für die Wohnung bekommen. Aber für diesen Vergleich bin ich lieber konservativ und nehme offizielle Daten.
Aktieninvestition Wertentwicklung 10 Jahre:
Jetzt nehmen wir uns den iShares Core MSCI World UCITS ETF (ISIN: IE00B4L5Y983) und schauen, wie es gelaufen wäre. Bei dem ETF handelt es sich um den größten ETF auf den MSCI World, der derzeit verfügbar ist. Er bildet die Wertentwicklung von 1.665 Unternehmen ab. Der ETF ist nicht ausschüttend, heißt die gesamten Erträge aus den 10 Jahren finden sich im Kurs des ETFs wieder.
Um das Szenario etwas vereinfacht abzuwickeln habe ich jeweils die jährlichen Investitionen & Kosten genommen und so getan, als hätte ich zum 31.12. des jeweiligen Jahres davon ETFs gekauft.
Beispiel 2011:
Es gab 4.500€ Investition in die Wohnung, also habe ich angenommen, dass ich für das Jahr 216,77 zusätzliche ETF-Anteile zu 20,76€ gekauft hätte.
Jahr | Anzahl Aktien | Kurs 31.12. | Wert Gesamt |
2010 | 1.299,81 | 21,39€ | 27.803,00€ |
2011 | 1.516,58 | 20,76€ | 31.484,20€ |
2012 | 1.709,63 | 23,31€ | 39.851,39€ |
2013 | 1.867,91 | 28,43€ | 53.104,67€ |
2014 | 1.999,24 | 34,24€ | 68.477,23€ |
2015 | 2.119,34 | 37,85€ | 80.216,94€ |
2016 | 2.225,95 | 42,02€ | 93.534,57 € |
2017 | 2.325,73 | 45,10€ | 104.890,51€ |
2018 | 2.448,71 | 43,04€ | 105.392,50€ |
2019 | 2.501,17 | 56,28€ | 140.766,10€ |
Fazit nach 10 Jahren Aktien:
Aus einer Investition von 67.568,67€ sind bis Ende 2019, 140.766,10€ geworden.
Tatsächlich ging es die 10 Jahre lang fast nur steil bergauf und die hohe Anfangsinvestition hat einen großen Effekt auf die Portfolientwicklung.
Die Rendite auf das eingesetzte Kapital beträgt 108,33% und somit jährlich fast 11%.
Gesamtfazit 10-Jahres-Vergleich Aktien oder Immobilie
Ende 2019 steht es knapp 141.120€ zu 140.766€ also unentschieden zwischen den Aktien und der Immobilie. Aus persönlicher Sicht kann ich also sagen die Investition war kein Fehler und reicher wäre ich mit breit gestreuten Aktien vermutlich nicht geworden.
Da die Wohnung seit 2019 bezahlt ist und ich 2018 umgezogen bin, lerne ich nun die Perspektive als Vermieter kennen.
In der Vermietung wird die Wohnung künftig für 660€ kalt angeboten. Die 7.920€ Jahresmiete bedeutet eine Rendite von knapp 12% auf das eingesetzte Kapital (Nach Steuern bleiben wohl noch ca. 9%). Sollte es zu weiteren Wertsteigerungen im Immobilienmarkt kommen, kommt das nochmal als theoretische Rendite oben drauf.
Aktien und Immobilien in guten Lagen haben in den letzten 10 Jahren durch den gleichen Effekt profitiert. Die Niedrigzinspolitik der Zentralbanken nach 2009. Dadurch, dass die Zinsen immer weiter gesunken sind, sind die Preise für Immobilien und Aktien in die Höhe geschnellt. Die aktuelle Entwicklung hin zur weltweiten Null-Zins-Politik wird diesen Effekt in den nächsten Jahren noch verstärken. Hoffentlich bin ich dann auch mit meinem neu aufgebauten Aktienportfolio dabei.
Wie es 2021 weiter ging erfährst du hier im Folgebeitrag:
Aktie oder Immobilie – Entscheidung auf dem Prüfstand 2021
Disclaimer
Dieser Post "Erfahrungsbericht - Aktien oder Immobilien?" spiegelt meine Meinungen und Erfahrungen zu den dargestellten Themen wieder. Er beinhaltet keine Anlage- oder Investmentempfehlung.
Ausgehende Links sind teilweise Affiliatelinks, für deren Nutzung eine Vermittlungsprovision an mich fließen könnte.
Danke für den Beitrag! Sehr aufschlussreich und interessant wie sich die beiden Anlageformen über diese Zeit entwickelt haben.
Hallo Rina,
ich werde versuchen Ende des Jahres nochmal eine Gegenüberstellung zu machen. Die Immobilie hat jetzt den großen Vorteil, dass sie jetzt nicht nur Wertentwicklung, sondern auch Miete als Rendite mitbringt.
Ich bin gespannt, ob das das Rennen entscheidet.
Eine selbstbewohnte Immobilienist für mich ein Luxusgut. Ich habe selber eine. Als Investment finde ich Immobilien zu anstrengend und i-mobil. Man kann sie auch nicht so schnell verkaufen wie Aktien und die Rendite ist meist schlechter. Ich habe ein Investment in Immobilien auch mal in einem Artikel behandelt.
Kann man hier nachlesen:
https://renditehai.com/vorsicht-immobilien-deshalb-lasse-ich-die-finger-davon/
Viele Grüße
Interessant.
Für mich persönlich würde eine Immobilie als Renditeanlage aufgrund des relativ hohen Aufwands und der schlechten Diversifikation als Anlage nicht in Betracht kommen. Mit einer Immobilie kann man auch mal eher ins Klo greifen, als mit tausenden von Firmen weltweit. Man kann aber sicher eine Freude daran haben, da man etwas greifbares hat und mit etwas Glück schneidet man sogar besser als mit Aktien ab :).
Zur Eigennutzung werden wir aber wohl trotzdem kaufen oder bauen.
Hallo Andi,
ich verstehe deinen Punkt.
Man kann ziemlich Pech haben, wenn die Lage oder der Zustand des Objektes nicht passen.
Die Wohnung war für uns auch 8 Jahre lang zur Eigennutzung. Um aber einen fairen Vergleich zu haben, habe ich hier die Mieten noch außen vor gelassen.
Wenn ich es zeitlich schaffe, werde ich jetzt jährlich ein Update machen und schauen, wie sich die Investition entwickelt. Ich kann mir vorstellen, dass eine bezahlte Wohnung in guter Lage und mit hervorragender Mietrendite den Aktienmarkt dann ohne Probleme schlägt.
Aber so kommt es ja meistens, wenn man nur auf ein Pferd setzt. Entweder man gewinnt viel, oder aber es lohnt sich nicht.
Danke für die Transparenz!
Eine ortsgebundene Wertsteigerung der Immobilie ist aber doch genausowenig vorhersehbar wie eine Aktienentwicklung. Da hast du einfach Glück gehabt, oder?
Liebe Grüße
Ma
Hallo Ma,
ich habe das Thema in dem Blogartikel natürlich nur für meinen Einzelfall auseinandergenommen. Der findet keine generelle Anwendung und kann nur als Inspiration dienen.
Ich glaube das Fazit kann sein: Eine Immobilie muss keine schlechtere Investition als eine Aktie sein.
Wenn die Immobilie in Duisburg Marxloh oder Chemnitz gewesen wäre, wär das Beispiel sicher schlechter gelaufen. Wär sie in Berlin, München oder Hamburg gewesen hätte ich den Aktienmarkt vermutlich noch deutlich weiter hinter mir gelassen. Ich habe aber nur für meinen Fall die ganz genauen Zahlen. Es geht also mehr darum wegzukommen von der dogmatischen Betrachtung Aktien sind super, Immobilien sind keine sinnvolle Geldanlage.
Außerdem habe ich nicht irgendeine Immobilie in irgendeinem Stadtteil gekauft, sondern kenne mich in meiner Heimatregion mit der Lage gut aus.
Bei der Immobilie stand für mich beim Kauf aber tatsächlich die Wertsteigerung damals garnicht im Fokus. Die Idee war, dass ich sie in ca. 10 Jahren hätte abbezahlen können und danach eine monatliche Miete von 500-600€ erzielen wollte.
Das ist insgesamt auch wie geplant aufgegangen.
Im Frühjahr 2020 habe ich die Entscheidung aber beispielsweise andersrum getroffen, bei den Immobilienpreisen hätte ein Abzahlen des Objektes mit fast gleichen Bedingungen vermutlich eher 20 Jahre gedauert. Anstatt mir eine zweite Mietwohnung zu kaufen bin ich zu dem Zeitpunkt umfangreich in Aktien eingestiegen. Um genau zu sein habe ich seit 2019 keine rentable Immobilie mehr für mich entdeckt.