Leben ohne Gasgrill – der Pfad zum Frugalismus

Ja es ist wahr, ich bin ein Grillverweigerer! Das ist ein etwas ketzerischer Clickbaittitel, aber ihr werdet den Kern der Aussage schon finden und euch auf dem Weg hoffentlich amüsieren. Versteht mich nicht falsch. Ich esse wahnsinnig gern Grillfleisch, Grillgemüse, Bratwurst etc. Aber mit dem aktuellen Trend sich einen Gasgrill als Statussymbol aus Edelstahl in den Garten oder auf den Balkon zu stellen, kann ich persönlich wenig anfangen.

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Ausgangssituation:

Ich bin die personifizierte Zielgruppe für die Grillindustrie. Männlich, zwischen 30 und 50, hohes Einkommen, kleines Einfamilienhaus mit Garten, Hunger auf Fleisch. Die erste Frage, die männliche Besucher auf unserer Terrasse stellen ist: „Wo steht denn dein Grill?“. Selbstverständlich darf bei einem schönen Garten mit Terrasse dieses wichtige Symbol männlicher Ernährungskunst nicht fehlen und wird vom Besucher auch erwartet.

In meinem Umfeld ist das Grillfieber bereits weit verbreitet. Es werden seit Jahren immer neue Gerichte ausprobiert, die man ja „auch mal grillen könnte“. Von Fleisch über Pizza bis Nachtisch ist da alles dabei. Grillkurse werden besucht und Grillvideos zitiert. Von den leckeren Resultaten lasse ich mich dann und wann auch gern kulinarisch begeistern.

Aber ich selbst konnte mich dieser ganzen „Grillmagie“ bisher entziehen und dafür gibt es mehrere Gründe.

Kosten eines Grills:

Der Durchschnittsgrill in meinem persönlichen Umfeld kostet knapp 1.300€ inkl. 100€ Abdeckung, 50€ Gasflasche, 30€ Reinigungsgedöns usw. Mit den gängigen Suchanfragen „Gasgrill bis 500€“ kommt man also scheinbar nicht weit oder ist schnell unglücklich. Bei den Gasgrilltests, die ich mir im Zuge dieses Beitrags angeschaut habe, kommen Grills unter 700€ tatsächlich nur extrem schlecht weg.

Was die Haltbarkeit angeht scheinen die teuren Hersteller auch verlässlicher / langlebiger zu sein. Zumindest geben sie lange Garantien auf ihre Produkte bzw deren Bauteile, somit gehe ich von 10-15 Jahren Lebensdauer aus, bis dann ein neuer Grill angeschafft werden müsste.

Die laufenden Kosten nach der Anschaffung sind gering. Je nach Grill kostet das Gas für einen Grillabend zwischen 50 Cent und 1 Euro. Strom auf dem Herd würde für eine Stunde kochen wohl ähnlich viel kosten und Kohle auf einem Kohlegrill würde vermutlich mit 2-3 Euro pro Grillabend herauskommen.

Ohne Gasgrill spart man also 1.300€ Investitionskosten, die man anlagen könnte. Bei einer Anlagerendite von ca. 5% auf die gesparte Investition von 1.300€ ergibt eine solche Anlage dann 2.702,50€ in 15 Jahren. Oder aber einfach 65€ pro Jahr zur freien Verfügung (bspw. für Grillzutaten)

Nutzen eines Grills:

Ganz persönliche Nutzenaufstellung. – Profigriller bitte nicht anfeinden –

Zubereiten von Nahrung generell:
Der Nutzen eines Grills kann extrem hoch sein. Nehmen wir an, wir hätten keine Küche und keinen Strom in unserem Haus. In diesem Fall wäre der Grill sicherlich die beste Möglichkeit um Essen zuzubereiten. Da wir aber Küche und Strom haben, stehe ich bei schlechtem Wetter doch lieber drinnen am Herd.

Zubereiten von Fleisch:
Ein Grill eignet sich hervorragend um Fleisch zuzubereiten und schafft es ein besonderes Aroma und einen guten Garpunkt zu erreichen. Stimmt! Derzeit bin ich in unserem Haushalt jedoch der Einzige, der gerne Fleisch isst. Frau Sparhörnchen ernährt sich vegetarisch und Rabaukus und der kleine Mo mögen höchstens mal ein Stück Frikadelle. Sonstige gegrillte Gerichte / Gemüse lasse ich als Einwand gelten, der Mehrwert des Grills gegenüber einem Ofen oder Herd ist aber gering aus meiner Sicht.

Geselligkeit:
Grillen ist gesellig. Beim Grillen kann man Freunde einladen, ein kühles Bier trinken, sich unterhalten und nachher gemütlich essen. Das ist wahr und wohl der Hauptnutzen, den die meisten in ihrem Gasgrill sehen. Ofengemüse oder selbst gemachte Pizza auf ein Blech im Ofen legen, auf der Terrasse sitzen und warten bis es piept und nachher Erdbeeren aus dem Garten mit Vanilleeis sind aber tatsächlich auch noch nie unter Protest abgelehnt worden.

Der Grill wäre für mich also nur eine alternative Form der Essenszubereitung und eine Lifestyleentscheidung. In den meisten Fällen wird er wohl maximal 30 Mal pro Jahr genutzt (1-2 Mal an den Wochenenden mit gutem Wetter). In meinem Fall bin ich sogar sicher, dass er nicht häufiger als 10 Mal im Jahr genutzt würde, außer ich würde zwanghaft anfangen zu Grillen, damit sich die teure Investition lohnt.

Soziale Probleme durch den Kauf eines Grills

Ein Grillkauf kann natürlich erhebliche soziale Probleme mit sich bringen und Konsumwettrüsten hervorrufen. Nehmen wir an, ich kaufe mir einen Grill + Zubehör für 1.300€ und grille mit den 4 Freunden, die eine Leidenschaft für das Thema haben. Damit bin ich dann im Durchschnitt meines Umfeldes. 50% haben einen günstigeren Grill, 50% einen teureren. Jetzt will ich mit meinen Freunden 10 Mal pro Jahr grillen, denn für mich alleine lohnt es sich ja nicht.

Durch meinem Kauf grillen meine Freunde im Schnitt je 2,5 Tage weniger selbst. Schließlich werden die nicht anfangen ihren Grill zu mir rüber zu schleppen. Damit habe ich jeden Grill um mich herum wertloser gemacht. Schließlich hat der jeweilige Freund bei seiner teuren Anschaffung ja gedacht er würde 30 Mal grillen, jetzt sind es aber nur 27,5 Mal. Der Nutzen der Geselligkeit durch seinen eigenen Grill hat sich deutlich verringert.

Um die „günstigen“ Grills wieder aufzuwerten und den Wert in Punkto Geselligkeit wieder zu heben gibt es aber einen einfachen Weg. Freund A könnte neues Zubehör kaufen. So könnt man ja Pizza auf dem Pizzastein grillen oder Pulled Pork im Smoker zubereiten. Das können die anderen vermutlich mit ihren Grills noch nicht und Freund A hat eine Strategie von seinen 27,5 Grilltagen wieder in Richtung 30 zu kommen, um den Nutzen meines Grills und den der anderen wieder zu senken.

Ihr seht den Punkt. Da ich in meinem Umfeld schon begeisterte Griller habe, würde ich mit eigenem Grill zwar zum illustren Kreis der Grillbegeisterten gehören, aber ich wäre gleichzeitig Konsumkonkurrenz und würde deren liebgewonnenes Statussymbol entwerten. Nicht auszudenken, welche Pyramide sinnlosen Konsumverhaltens ich dadurch auslösen könnte.

Diese Schlussfolgerungen sind sicherlich mit einem Augenzwinkern zu genießen. Aber grundsätzlich stellt sich die Frage ob ich einen neuen Grill brauche, wenn ein zusätzlicher Grill meinen Nutzen und den der Gesamtgruppe nur minimal verändert oder sogar verringert. Im schlimmsten Fall wäre ich lieber zu Hause bei mir und grille anstatt Freunde zu besuchen.

Warum ist Grillverzicht der Pfad zum Frugalismus?

Frugalismus bedeutet aus meiner Sicht einigermaßen sparsam zu leben und mit einem geringen Resourcenverbrauch auszukommen. Den x-ten Monster-Grill anzuschaffen in einem Umfeld, das schon von Monster-Grills geprägt ist, ergibt vor diesem Hintergrund wirklich keinen Sinn. Denn ob ich zu meinen Freunden fahre und wir dort grillen oder bei mir macht letztendlich keinen Unterschied, schließlich sind es die gleichen Leute.

Ökologisch und ökonomisch ist mein Grillverzicht also ein kleiner Schritt in Richtung Frugalimus und auch auf viele andere Lebensbereiche übertragbar.

So habe ich auch meinen 13 Jahre alten 42″ Fernseher nicht ersetzt, nur weil mir jeder erzählt, dass es auch größere und bessere Geräte gäbe. Schließlich funktioniert der noch. Außerdem wird er so wenig genutzt, dass er gut und gerne noch 10 Jahre halten könnte.

Tipps:

Für alle, denen der soziale Frieden egal ist und die die Konsumschlacht um den besten Grill gewinnen möchten folgende wertvolle Konsumtipps von 70,00€ – 5.000,00€

Größter / teuerster Weber Grill:
Weber Summit E-670 GBS Gasgrill

Ein Smoker als Steampunk Kunstwerk:
Joe’s Barbeque Smoker 16″ Special Lokomotive

Schon ab 100 Steaks günstiger als im Restaurant essen:
900 Grad Steakgrill, 100% Edelstahl

Must-Have Pizzastein:
Pizza Stein aus hochwertigem Cordierit für den Backofen & Grill

Mehr Bluetooth im Steak:
Drahtloses BBQ-Thermometer

Wenn das Feuer zu wenig Würze hat:
Top 16 Gewürze Set

So viele Gäste, dass keiner weiß, wer du bist:
Grillschürze Leder mit Namen

Um mit dem „riesigen Fleisch“ umzugehen:
Grillhogs 40,6 cm
unbedingt das 2er Pack kaufen, nur 700% Aufpreis.

Fazit:

In 15 Jahren mit einem Gasgrill würde ich ca. 150 Mal grillen. Bei 1.300€ Anschaffungskosten und 50 Cent für Gas pro Grillnutzung würde mich jedes Mal grillen also 9,16€ kosten, ohne das Essen einzurechnen.

Im Vergleich zu meinem Herd und Ofen, die durch die viel umfangreichere Nutzung deutlich geringere Stückkosten verursachen, steht das in keinem vernünftigen Verhältnis. Wären bei jedem Mittagessen 9,16€ fällig gäb es wohl nur Brot und Müsli zum Mittag.

Solltet ihr also noch keinen Grill besitzen und eure Freunde haben einen. Kauft euch keinen Grill, werdet keine Konkurrenten um Grillzeit. Bringt einfach was zum Grillen mit, bewundert die Anschaffung und genießt das Resultat der Grillmeister. Das macht den Grillenden froh und kostet euch ein bisschen mitgebrachtes Grillgut. Das kann man von den 65€ Rendite p.a. ja auch ein paar mal zahlen.

Ansonsten freut euch in 15 Jahren auf 2.702,50€ und ladet alle die euch so lange tapfer begrillt haben mal auf ein ordentliches Steak ein.

Fragen an euch Leser:

Wenn ihr selbst Grillmeister seid, was hat euch Grill + Ausstattung bisher gekostet?

Gibt es andere Bereiche, bei denen ihr ein ähnliches Erlebnis mit Konsumverzicht habt?

Funfact: Tatsächlich habe ich aufgrund meiner offen zur Schau getragenen Grillverweigerung aus Mitleid einen alten Kohlegrill geschenkt bekommen. Der tuts auch und war umsonst. Genutzt wurde er bisher 3 oder 4 Mal in den letzten Jahren. Die restliche Zeit habe ich mich zum Grillen einladen lassen und genossen was mir aufgetischt wurde. Die Grillmeister hatten mit Sicherheit mehr Freude an der Zubereitung und Bewirtung, als ich sie gehabt hätte.

Vielen Dank an der Stelle an meine Grillmeister. Ich versuche mich weiter beim Football schauen oder im Urlaub, zu revanchieren dafür, dass ihr mich so hervorragend durchfüttert.

Disclaimer

Dieser Post "Leben ohne Gasgrill - der Pfad zum Frugalismus" spiegelt meine Meinungen und Erfahrungen zu den dargestellten Themen wieder. Er beinhaltet keine Anlage- oder Investmentempfehlung.

Ausgehende Links sind teilweise Affiliatelinks, für deren Nutzung eine Vermittlungsprovision an mich fließen könnte.

7 Gedanken zu „Leben ohne Gasgrill – der Pfad zum Frugalismus“

  1. Der Artikel steht und fällt natürlich mit einer entscheidenden Prämisse: Gasgrill um € 1.300 (Anmerkung: Downright crazy!).

    Ich habe einen Holzkohlengrill um ca. € 40, der mir seit ca. 6 Jahren treue Dienste leistet. Unter der Annahme, daß ich das Teil noch 2 Jahre nutzen werde, kostet mich das Ding also ca. € 5 pro Jahr Nutzungsdauer.

    Dazu kommen pro Jahr ca. 15-20 kg Holzkohle um ~ € 1 pro Kilo. Insgesamt sind die Kosten vernachlässigbar und werden vom leckeren Grillaroma mehr als aufgewogen.

    Just my 2 cents.

  2. Welcher Verrückte gibt denn so viel Geld fürn Grill aus :D. Das ist dann schon ein krasses Hobby.
    Wir haben auf einem 5€ Rundgrill für 4 Personen ewig gegrillt. Seit wir 6 Personen sind, haben wir einen „teuren“ Holzkohlegrill gekauft. Der hat 80 oder 100€ gekostet. Kann ich nicht mehr genau sagen weil wir den vor 6-7 Jahren gekauft haben. Der könnte nun ein wenig Liebe gebrauchen, aber dann ist der auch wieder schön.
    Und die Leute die so gerne auf dem Gasgrill grillen, die kiregen irgendwie auch keine tolle Bratwurst hin. Keine Ahnung warum.

  3. Ich oute mich hier mal als Besitzer eines Gasgrills 😉
    Ganz bewusst angeschafft, begeistert uns der Grill Jedes mal auf’s Neue. Hat neu unter 70€ gekostet, ist ziemlich klein, leicht, dafür maximal mobil (mal eben mit dem Rad los zum Grillen) und reicht locker um 3-4 Personen gleichzeitig satt zu bekommen.
    Das schöne ist, es kann nahezu sofort mit dem Grillen losgehen und anschließend ist das Teil nach kurzer Zeit wieder abgekühlt.

  4. Schön auf Kosten der Freunde durchgeschnort um sich 3 Euro fuffzich einzusparen, vulgo: Geiz. Im Christentum eine der Todsünden. Beschreibt eine übertriebene Sparsamkeit und auch den damit verbundenen Unwillen seine Güter mit andern zu teilen. Psychiatrisch beatrachtet eine Persönlichkeitsstörung, unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Lage das Hergeben von Gütern und Geld möglichst zu vermeiden auch auf Kosten des eigenen Lebensstandards.

    1. Das kann man so sehen. Aber wenn sich nur 4 von 6 Personen einen Gasgrill kaufen und die anderen zum Grillen vorbeikommen ist es zumindest auch ein bisschen resourcenschonend. In meinem Fall würden wohl 70% der Zeit auch 2 von 6 genügen.

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